universal design

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Definition

Im internationalen Raum ist die Definition des Center for Universal Design bekannt. Diese beschreibt Universal Design als eine Produkt- und Umgebungsgestaltung, die sich an eine breite Nutzerschicht richtet, ohne dass Adaptionen oder spezielle Designs (Sonderanfertigungen) notwendig sind. Das Konzept strebt mit dem Zugang für Menschen jeden Alters, jeder Konstitution und Fähigkeiten eine Lebensvereinfachung für Einzelne sowie eine Kostenreduzierung an (vgl. CUD, 2008b).
Eine weitere Definition, die von der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) 2006 aufgestellt wurde, zeigt inhaltlich Übereinstimmungen:
„Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. Universelles Design schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus“ (Bundesgesetzblatt, 2008, S. 1424).

Universal Design-Prinzipien

Am Center for Universal Design wurden 1997 sieben Prinzipien entwickelt, die sich auf die universelle Nutzbarkeit von Produkten beziehen. Diese können als Grundlage für das Bewerten von Produktentwürfen, Leiten von Entwurfsprozessen sowie als Information über die Charakteristiken der Produkte und Umgebungen dienen. Bei jedem Prinzip steht das Klientel bzw. der Mensch einschließlich seiner Vielfalt an Fähigkeiten und Bedürfnissen im Mittelpunkt (Ringaert, 2003). Das Design weist somit eine große soziale Komponente auf, die zu den Werten der Ergotherapie passt.
Die Beachtung dieser Prinzipien zielt darauf ab, gleichermaßen wie die Ergotherapie, eine bestmögliche Teilhabe an der Gesellschaft und eine Steigerung der Lebensqualität für den Menschen zu erreichen (CUD, 2008a).

Im Folgenden sind die Prinzipien in deutscher Übersetzung durch Glaser (2008) aufgeführt und exemplarisch, mit ergotherapeutischen Beteiligungsmöglichkeiten, veranschaulicht.

Prinzip 1: Breite Nutzbarkeit
Prinzip 2: Flexibilität in der Benutzung
Prinzip 3: Einfache und intuitive Benutzung
Prinzip 4: Sensorisch wahrnehmbare Informationen
Prinzip 5: Fehlertoleranz
Prinzip 6: Niedriger körperlicher Aufwand
Prinzip 7: Größe und Platz für Zugang und Benutzung

Universal Design-Prozess

Für die Entwicklung von Universal Design besteht ein acht-schrittiger Entwicklungsprozess, in dem die Nutzer bei der Entwicklung, Umsetzung sowie Evaluation einbezogen werden (Burgstahler, 2009):

  • Feststellung des Anwendungsbereiches (Spezifizierung für welches Produkt oder welche Umwelt Universal Design umgesetzt werden soll)
  • Definition der Gesamtheit (Beschreibung der potenziellen Konsumenten und ihrer verschiedenen Eigenschaften z.B. Berücksichtigung von Geschlecht, Alter, Größe, Ethnizität, Muttersprache, Fähigkeiten des Sehens und Hörens oder Kommunizierens)
  • Einbezug der Konsumenten in allen Phasen
  • Abgleich mit existierenden Leitlinien oder Standards
  • Anwendung der Leitlinien oder Standards (in Übereinstimmung mit bewährten Vorgehensweisen innerhalb des Bereiches, um den Nutzen für Individuen mit diversen Fähigkeiten zu maximieren)
  • Berücksichtigung von Anpassungsanforderungen für Personen, die nicht automatisch Zugang zur Anwendung haben (z.B. durch Anschaffung von Assistive technology, Gebärdendolmetscher etc.)
  • Einweisung und Unterstützung verschiedener Akteure (Ausbilder, Einkäufer, Freiwillige)
  • Regelmäßige, an verschiedenen Nutzergruppenausgerichtete Evaluation der Anwendung vorgenommen (mit Universal Design Messinstrumenten und auf Basis des Nutzerfeedbacks)

Verbindung von Ergotherapie und Universal Design

Die ergotherapeutische Auseinandersetzung mit Universal Design begründet sich unter anderem mit dem demographischen Wandel. Durch die steigende Anzahl älterer Menschen wächst auch die Relevanz, sich vermehrt mit deren Möglichkeiten und Bedürfnissen in der Umwelt zu befassen (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2011). Daneben verlangt das SGB IV mit dem „Recht zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ eine stärkere Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten zur Umsetzung (Bundesministerium der Justiz, 2001). Zudem wird dieser Bedarf durch die UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und dem damit verbundenen Aktionsplan der Bundesregierung verstärkt.

Klienten können in der Ergotherapie neben Individuen auch Gruppen oder Populationen sein (Townsend & Polatajko, 2007). Zu Beginn des Entwicklungsprozesses von Universal Design werden die unterschiedlichen Fähigkeiten potentieller Nutzer betrachtet und diese bei der weiteren Planung berücksichtigt. Universal Design-Lösungen grenzen keine Nutzer aus und sind nicht weniger nutzbar von Menschen, die keine Beeinträchtigung haben (Ringaert, 2003).

Betätigung findet in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit statt. Diese müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, um zur Gesundheit eines Menschen beizutragen. An der Gesellschaft teilzuhaben bedeutet, in eine Lebenssituation bzw. einen dieser drei Lebensbereiche einbezogen zu sein und diese mit zu gestalten (DACHS, 2007). Universal Design betrifft alle Lebensbereiche. Zum Beispiel, indem Produkte des alltäglichen Lebens universell gestaltet oder öffentliche Gebäude zugänglich gebaut sind. Auf diese Weise wird dem Mensch Occupational performance (Ausführung von Betätigungen) ermöglicht, das heißt er kann, in Interaktion mit seiner Umwelt, seine Betätigungen frei wählen, organisieren und durchführen. Auf diese Weise kann Universal Design einen Beitrag zur Gesundheit und zum Wohlbefinden des Menschen leisten (vgl. Ringaert, 2003).

Die Umwelt bildet den Kontext für Occupational performance und beeinflusst die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Wahl von Betätigungen (Polatajko, Backman et al., 2007). Ergotherapeuten erkennen den Einfluss der Umwelt auf einen Menschen und seine Handlungen. Ihr Anliegen ist es, Umweltfaktoren so zu verändern, dass Menschen Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht wird (Scheepers, 2000). Durch geeignete Umweltanpassungen können sie dazu beitragen, dass Menschen Barrieren überwinden und Ressourcen in der Umwelt nutzen (Miesen 2004, S. 159).
Die Idee des Universal Designs ist es, dass Ergotherapeuten, bei der Umweltanpassung alle Menschen berücksichtigen. So kann beispielsweise bei der Planung von Wohnungen und Häusern von Beginn an berücksichtigt werden, dass diese auch für Menschen mit Einschränkungen oder Hilfsmitteln uneingeschränkt zugänglich sind. Dadurch werden nachträgliche, teure Adaptionen verringert und es wird ermöglicht, dass Menschen länger in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können (Doble, 2002).

Ergotherapeutische Kompetenzen im Bereich Universal Design

Der kanadische Ergotherapie-Verband spricht Ergotherapeuten das notwendige Wissen und die Kompetenzen zu, die sie zu einer Mitarbeit im Entwicklungsprozess von Universal Design befähigen (CAOT, 2009). So verfügen sie über Kompetenzen wie Adaptieren, Beraten, Zusammenarbeiten oder Gestalten/Konstruieren (Townsend, Polatajko, Craik& Davis, 2007). Andere Autoren beschreiben ebenfalls zur Verfügung stehendes ergotherapeutisches Wissen und Kompetenzen, das sich für ein Einbringen in den Entwicklungsprozess von Universal Design eignet (Ringaert, 2003):

  • Wissen über die Funktionsfähigkeit des Menschen
  • Wissen über Beeinträchtigungen
  • Wissen über Occupational performance
  • Wissen über die Interaktion von Mensch und Umwelt
  • Wissen über Assistive technologies
  • Kompetenzen für Betätigungs-/Aufgabenanalysen und Umweltadaptionen/-veränderungen

Wie können (deutsche) Ergotherapeuten ihre Interventionsansätze und Kompetenzen in die Arbeit im Bereich Universal Design einbringen?

Ergotherapeutische Interventionsansätze und KompetenzenEinbringung in Universal Design bei:
Analyse von Umweltbedingungen (DACHS, 2007)
  • der Ermittlung von Ressourcen und Barrieren in der Umwelt, unter Einsatz von spezifischen Assessments z.B. „The Enabler“ (Iwarsson, Susanne &Isaccson, Ake, 1999)
Ermittlung der kognitiven, physischen und emotionalen Fähigkeiten des Menschen und dessen, was ihn im Leben antreibt/motiviert (DACHS, 2007)
  • der Ermittlung unterschiedlicher Fähigkeiten und Hintergründe von Personen (kulturell, alters- und erfahrungsspezifisch) bei der Ausübung bedeutungsvoller Aktivitäten (z.B. mittels der Assessments COPM, OSA,, MOHOST, OPHI-II, Ergo-Ass, ACIS)
  • bei der Ermittlung unterschiedlicher Interessen und Gewohnheiten z.B. kulturell, religiös oder altersspezifisch (Assessments z.B. Rollen-/Interessencheckliste)
Analyse von Aktivitäten in Bezug auf die Handlungsfähigkeit, -zufriedenheit, Teilhabe und Lebensqualität (DACHS, 2007)
  • bei der Bewertung von Zugänglichkeiten von Umgebungen und der Anwendbarkeit von Produkten (z.B. The Housing Enabler, WHODAS-II, ATD PA)
  • bei der Prototypbewertung mit unterschiedlichen Nutzergruppen, z.B. ob ein Produkt mit einem vorhandenen Hilfsmittel zufriedenstellend einsetzbar ist und zur Teilhabe beiträgt (COPM)
Beratung von Klienten, Angehörigen und anderen am Interventionsprozess Beteiligten (DACHS, 2007)
  • der Beratung von Architekten, Produktdesignern u.a. hinsichtlich der Berücksichtigung der Prinzipien z.B. bei der Schaffung sensorischer Hinweisreize oder niedriger kognitiver, altersspezifischer Anforderungen
  • der Beratung beteiligter Berufsgruppen über physiologische und pathologische Vorgänge des Menschen
  • der Ausrichtung an Nutzergruppen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Hintergründen (kulturell, altersspezifisch etc.)
  • der Beratung in Bezug auf die Verbesserung von Handlungsfähigkeit, Teilhabe und Lebensqualität
  • der Planung von Wohnungs-, Arbeits- und Umgebungsgestaltungen
  • der Berücksichtigung einer Kompatibilität mit Hilfsmitteln
Kompetenzen zur Evaluation (DACHS, 2007)
  • der Evaluation von Produkten und Umgebungen z.B. durch eine Prototypbewertung mit Nutzergruppen oder eine Beurteilung von Barrieren in der Umgebung
  • Ermittlung der Klientenzufriedenheit mit einer Produkt- oder Umgebungsgestaltung (COPM)
Mitwirkung bei Forschungstätigkeiten (Laufer & Schnettker, 2008)
  • Forschungsprojekten, insbesondere in Bezug auf die Handlungsfähigkeit, Teilhabe und Lebensqualität des Nutzers
Planen und Durchführen von Öffentlichkeitsarbeit (Laufer & Schnettker, 2008)
  • der Information und Aufklärung der Öffentlichkeit über Universal Design
  • der Aufklärung von Architekten, Gremien, Entscheidungsträgern, Ergotherapeuten und anderen Beteiligten über Universal Design
  • einer Beteiligung an Diskussionen und Publikationen zu der Verbindung zwischen Ergotherapie und Universal Design z.B. in Fachzeitschriften oder auf -messen
Ergotherapeuten übernehmen Fürsorge für Andere (Townsend, Beagan et al., 2007)
  • der Umsetzung des Inklusionsgedankens in Hinblick auf die Berücksichtigung benachteiligter Bevölkerungsgruppen (Migranten, ältere Menschen) oder gesellschaftlicher Minderheiten (Angehörige anderer Kulturen oder Religionen)
Kompetenzen zur Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen für eine effiziente und effektive Intervention (Townsend, Beagan et al., 2007)
  • z.B. Forschungstätigkeiten, der Konzeptentwicklung, in der Planungsphase und der Evaluation im Universal Design-Prozess


Ausblick

Schlussfolgernd wird deutlich, dass Ergotherapeuten zum einen in der Lage sind, aufgrund ihres Wissens und ihrer Kompetenzen, die sieben Prinzipien umzusetzen und somit als Experten im Universal Design-Prozess zu agieren (CAOT, 2009). Zudem beziehen Ergotherapeuten ihren Klienten in die Planung des Interventionsprozesses mit ein und ermöglichen diesem, Partizipation an bedeutungsvollen Betätigungen. Durch den Einbezug des Nutzers können nachträglich notwendige Veränderungen reduziert werden, wodurch Kosten in der Herstellung und im Unterhalt des Produktes / der Umgebung eingespart werden können. Ebenso können Kosten durch unzweckmäßige Hilfsmittel und spezifische Adaptionen für Nutzer eingespart werden, was Krankenkassen und somit auch die Gesellschaft finanziell entlastet (Rickerson, 2009; Feldhaus, Haschigk & Wypich, 2011). Die starke Orientierung am Nutzer bietet somit wirtschaftliche, soziale und nachhaltige Vorteile einer Produkt- und Umgebungsgestaltung im Sinne des Universal Designs (Feldhaus, Haschigk & Wypich, 2011).

Zudem ergeben sich durch eine ergotherapeutische Beteiligung positive Effekte für den eigenen Berufsstand. Die Erschließung eines neuen Arbeitsfeldes im Bereich des Universal Designs kann einen Beitrag für die Professionalisierung der Ergotherapie leisten. Es kann eine neue Form der Dienstleistung, durch die Beratung von Kommunen, Architekten, Wirtschaftsunternehmen etc. im Bereich Universal Design, entstehen. Des Weiteren ließe sich der Wirkungskreis von Ergotherapeuten auf den industriellen Sektor erweitern und auf politischer Ebene stärken, da sie als Experten für Universal Design einen wichtigen Beitrag zum Thema Inklusion leisten könnten. Ergotherapie könnte somit vermehrt in den Fokus rücken und den Berufsstand in Deutschland weiter fördern (Feldhaus, Haschigk & Wypich, 2011).

Zu diesen Inhalten

Studenten der Hogeschool Zuyd (NL) haben sich im Rahmen ihres Studiums mit der Verbindung zwischen Universal Design und Ergotherapie auseinandergesetzt und in einer Projektarbeit Möglichkeiten entwickelt, wie Aufmerksamkeit für diese Thematik auf ergotherapeutischer und berufspolitischer Ebene geschaffen werden kann. Mit diesem Informationsbeitrag und durch einen entstanden Lehrvortrag an Berufsfachschulen zu „Universal Design und Ergotherapie“ soll eine Verbreitung des Inklusionsgedankens erreicht werden.

Informationsquellen

www.design-fuer-alle.de Europäische Netzwerk Design für Alle Deutschland

www.idz.de Internationales Design Zentrum Berlin

www.ncsu.edu Center for Universal Design

www.bmas.de Bundesministerium für Arbeit und SozialesàNationaler Aktionsplan der Bundesregierung

www.bmfsfj.de Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

www.ud-germany.de universal design GmbH

pdf Literaturverzeichnis (69 KB)