Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ergotherapie,
mein Name ist Laura Reinhold, ich bin Ergotherapeutin, Dozentin einer Berufsfachschule in Bielefeld, und studiere berufsbegleitend im europäischen Master in Ergotherapie in einem Zusammenschluss von fünf Hochschulen Europas: der University of Brighton in Großbritannien, der Amsterdam University of Applied Sciences in den Niederlanden, des University College Absalon in Dänemark, des Karolinska Institutet in Schweden und der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in der Schweiz (https://www.ot-euromaster.eu/).
Im Rahmen meiner Forschungsarbeit suche ich einen mehrfach stattfindenden Austausch mit ExpertInnen des Arbeitsfelds der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das Thema des Austauschs sollen (Zukunfts)-Perspektiven inklusiver ergotherapeutischer Interventionen innerhalb der Gemeinde sein, speziell für die Kinder und Jugendlichen, die aufgrund ihrer Verhaltensweisen als „System sprengend“* wahrgenommen werden.
Trotz aktueller Inklusionsdiskurse in Deutschland werden bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen als "systemüberfordernd" „systemsprengend“ „systemüberlebend“ beschrieben, was zu vielfältigen Ausgrenzungsprozessen führt.
Die aktuelle wissenschaftliche Literatur zu jungen Systemüberlebenden zeigen vielfache Einschränkungen in das Betätigungsrecht dieser jungen Menschen auf, die durch ihre Erfahrungen mit Gesundheitsdiensten verstärkt werden. Auf der Grundlage eines biomedizinischen Paradigmas schränken sozialpolitische Gegebenheiten in Deutschland die Arbeit von ErgotherapeutInnen mit jungen Systemüberlebenden außerhalb von stationären und ambulanten individuellen Gesundheitssettings ein. Dies steht im Gegensatz zu der weltweiten Tendenz der Ergotherapie, gesundheitspolitische Faktoren und vorgeschlagene Strategien für transformative Maßnahmen kritisch zu untersuchen.
Die Einschlusskriterien für diese Forschungsarbeit sind:
- In Ihrem beruflichen Alltag sind Sie über den Zeitraum von mindestens zwei Jahren in der Arbeit mit Kindern mit seelischen Problemen oder Verhaltensauffälligkeiten erfahren, die als sogenannte „Systemsprenger“* identifiziert wurden oder durch Sie identifiziert werden können.
- Sie sind bereit, ihre praktischen Erfahrungen mit jungen Systemüberlebenden zu reflektieren.
- Sie haben nichts dagegen oder Sie möchten sich gerne in der Perspektiventwicklung des Arbeitsfeldes für diese Kinder und Jugendlichen einbringen.
Der Austausch mit Ihnen soll im Rahmen von kritischen dialogischen Interviews* und einer anschließenden Fokusgruppe, online stattfinden. Dabei handelt es sich um einen partizipativen, gemeinsam reflektierten Datenerhebungsprozess.
Wenn Sie Lust haben, sich zu beteiligen, oder Fragen haben, können Sie mich unter 017624789640 gerne kontaktieren, oder melden Sie sich direkt per E-Mail an: .
Die Betreuung dieser Forschungsarbeit findet durch Dr. Margarita Mondaca () des Karolinska Institutet in Schweden statt.
Gerne schicke ich Ihnen mein ausführliches Informationsschreiben und Unterlagen zur Ihrem Datenschutz und zur Einverständniserklärung, sowie dem aktuellen Stand der ethischen Abklärung zu.
Ich freue mich sehr über Ihre Teilnahme!
Mit freundlichen Grüßen,
Laura Reinhold
*Systemsprenger - Systemüberlebende
Bauman definiert 2014 „Systemsprenger“ als „Hoch-Risiko-Klientel, welches sich in einer durch Brüche geprägten negativen Interaktionsspirale mit dem Hilfesystem, dem Bildungsinstitutionen und der Gesellschaft befindet und diese durch als schwierig wahrgenommene Verhaltensweisen aktiv mitgestaltet“. Es kommt zur vorzeitigen Beendigung der Maßnahmen in der Jugendhilfe. In Anerkennung der Ressourcen der jungen Heranwachsenden und in Anlehnung an Kießlinger et al. (2022) nutze ich in meiner Forschungsarbeit zwecks Entstigmatisierung den Begriff „junge Systemüberlebende“.
*Kritische dialogische Interviews verfolgen einen partizipativen Forschungsansatz, in dem die Studienteilnehmer an der Datenerhebung gleichwertig beteiligt sind. Als Beispiel könnten pro Teilnehmer zwei oder mehr Interviews durchgeführt werden. Die Dauer der Interviews wird vorher gemeinsam abgesprochen. Im Anschluss an jedes Gespräch erhält der Teilnehmer das Interview als Transkript. Im Anschluss erfolgt eine kritische Reflexion beider Interviewpartner, so entsteht ein einen Reflexionsprozess bzw. Austausch, der über schriftliche (digitale) Kommentare erweitert werden kann. Diese Form des kritischen Dialogs erfordert die Teilnahme an den Interviews und die weitere kritische Beteiligung an der Reflexion und bietet eine partizipative Teilhabe am Datenerhebungsprozess.