Kein Schulgeld mehr, dauerhafte Abkoppelung der Vergütung von der Grundlohnsumme, bundeseinheitliche Preise und eine Blankoverordnung bei verschiedenen Indikationen – so fasst Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sein Maßnahmenpaket zur Weiterentwicklung der Heilmittelversorgung zusammen. Nur fünf Tage nach einem Treffen mit Vertretern der Heilmittelverbände veröffentlichte der Minister am 18. September 2018 sein vierseitiges Eckpunktepapier, das die Situation der Therapeuten und damit auch der Patientenversorgung verbessern soll.
Viele der geplanten Umsetzungsschritte greifen zentrale Forderungen des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV) auf und sollen in dieser Legislaturperiode auf den gesetzgeberischen Weg gebracht werden. Diesen Umsetzungswillen des Ministers unterstützt der SHV. Nach Analyse des Eckpunktepapiers hat der SHV zu den Vorschlägen des Ministers in einer Stellungnahme Position bezogen und Forderungen formuliert, die über die bisherigen Vorschläge des Ministers hinausgehen.
Vergütung hat oberste Priorität
Oberste Priorität hat die Verbesserung der finanziellen Situation der Therapeuten in Deutschland. Für den SHV ist klar: Die durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) möglichen deutlichen Vergütungserhöhungen für die Jahre 2017 bis 2019 waren ein erster wichtiger Schritt. Dennoch benötigt der Heilmittelbereich eine zusätzliche Finanzspritze von aktuell mindestens 30 Prozent, um zumindest den Rückstand zu den Gehältern der Therapeuten im öffentlichen Dienst aufzuholen und dem Fachkräftemangel im ambulanten Bereich entgegenzuwirken. Die Bundesregierung hat mittlerweile die unzureichende Vergütung als wesentlichen Auslöser des Fachkräftemangels anerkannt. Jetzt geht es darum, schnelle Abhilfe zu schaffen!
Kostenfreie Ausbildung muss zeitnah bundesweit kommen
Minister Spahn hat in seinem Eckpunktepapier angekündigt, zusammen mit den Bundesländern bedarfs- und praxisorientierte Ausbildungsstrukturen zu entwickeln, die auch das Thema Ausbildungsvergütung einschließen. Für den SHV muss es noch einen Schritt weitergehen. Die Umsetzung der kostenfreien Ausbildung muss bundesweit und vor allem zeitnah erfolgen. Darüber hinaus fordert der SHV, die hochschulische Ausbildung perspektivisch als Regelausbildung gesetzlich zu verankern. Denn: Die hochschulische Ausbildung und die damit verbundene fachliche Profilierung erweitert die therapeutischen Kompetenzen und ist ein wichtiger Schritt zur Professionalisierung des Berufsstandes und der Weiterentwicklung der Patientenversorgung in Deutschland.
Mut zum Testen des Direktzugangs gefragt
Das Eckpunktepapier sieht eine regelhafte Einführung der Blankoverordnung für den Heilmittelbereich vor – soweit so gut. Aber warum nicht einen Schritt weiter gehen und die gesetzliche Grundlage für Modellvorhaben zum Direktzugang schaffen? Der SHV kann belegen: Der Direktzugang bietet vielfältige Vorteile für alle Beteiligten des Gesundheitswesens. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen verkürzte Wartezeiten, Kosteneinsparung (Medikamente, Röntgendiagnostik, Krankenhauseinweisungen), Reduktion von Krankheitstagen sowie eine hohe Patientenzufriedenheit. Der SHV fordert die Politik auf, die gesetzliche Möglichkeit zu schaffen, um den Direktzugang in Modellvorhaben endlich auch in Deutschland testen zu können.
Ziel des SHV: breiter Dialog, konkrete Lösungsansätze und zukunftsweisende Strukturen schaffen
„Wir brauchen sinnvolle und schnelle Lösungen – Maßnahmen, die sofort greifen und die Therapeuten zeitnah entlasten. Daneben benötigen wir perspektivische Weiterentwicklungen in der Heilmittelversorgung“, erklärt Ute Repschläger, Vorsitzende des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV).
Vor dem Hintergrund der Herausforderungen startet der SHV mit dem 1. Therapiegipfel eine breit angelegte Diskussion. Ziel ist es, gemeinsam mit den anderen Berufsverbänden und allen Interessierten im Berufsstand neue Wege zu gehen und konkrete Verbesserungen für alle Heilmittelerbringer in Deutschland gegenüber den maßgeblichen Interessenvertretern durchzusetzen. „Wir müssen an vielen Stellschrauben drehen, um unsere Branche zu stärken. Ich wünsche mir sehr, dass wir hart um die Sache ringen, aber gemeinsam für die Verbesserung der Situation aller Therapeuten in Deutschland eintreten“, betont Ute Repschläger.