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FEHLERTEUFEL

 

Leiden Kinder, die beim Rechnen Probleme haben, an einer Störung oder Erkrankung? Oder liegt es an der Art des Unterrichts? Die Ansichten dazu gehen auseinander. Tatsache ist jedoch, dass in jeder Grundschulklasse Kinder sitzen, die nicht so schnell oder so gut rechnen können wie andere. Sie benötigen Hilfe. Dieses Ziel verfolgt die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.), indem sie in ihrer Leitlinie „Rechenstörung“ eine frühzeitige ergotherapeutische Förderung vorsieht. Ergotherapeuten sollen bei diesen Kindern alleine oder zusammen mit anderen Fachdisziplinen eine positive Entwicklung in der Mathematikkompetenz herbeiführen.

 

Mehr als Rechentraining nötig
Bemerken Eltern, dass ihr Kind beim Rechnen die Finger einsetzt, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass es mit den abstrakten Zahlen keine Mengen verbindet. Es gibt viele Kinder, denen es so geht. Manche Eltern finden es niedlich, wenn ihr Kind abzählt. Oder sie fühlen sich an ihre eigene Kindheit erinnert, weil es ihnen genauso erging. „Rechnen und Mathematik ist für viele ein regelrechtes „Hassfach“, weiß die Ergotherapeutin Andrea Hassel und betont: „Fällt einem Kind das Rechnen schwer, kommt es in der Schule im Mathematikunterricht nicht mit oder braucht zu lange für die Mathe-Hausaufgaben, ist es sinnvoll, am besten so früh wie möglich mit dem Kinderarzt darüber zu sprechen.“ Er kann Ergotherapie verordnen. „Denn selten sind Faulheit oder nur fehlende Aufmerksamkeit Ursachen schlechter Leistungen in Mathematik“, widerlegt die Ergotherapeutin den Irrglauben, anfängliche Schwierigkeiten beim Rechnen ließen sich etwa durch mehr Üben oder Nachhilfe beheben. Es sind andere Mechanismen, die dazu führen, dass Kinder verstehen, wie Rechnen funktioniert.

Mit Überraschungen Lerneffekte erzielen
Kinder, die zu der Ergotherapeutin Andrea Hassel kommen, erleben von Anfang an Überraschungen: Statt am Tisch zu sitzen und Mathe zu üben, spielen Erst- und Zweitklässler beispielsweise zunächst mit einem zum Passagierdampfer oder zum Überlandbus ausgebauten Eierkästchen und Plastikfigürchen Erlebnisse aus ihrem Alltag nach. Zehn Plätze in Bus oder Schiff sind da, es steigen Menschen ein und aus. Die Ergotherapeutin fragt bei jedem Halt, wie viele Plätze frei sind, wie viele Menschen noch im Boot sitzen. So verstehen die Kinder Rechnen innerhalb der Handlung. Oder – das reizt vor allem die Mädchen – sie machen gemeinsam Futterpläne fürs Pferd, zerlegen die Futtermenge in Möhren und Haferkörner. Die Kinder erfassen dadurch Zahlen als Menge, realisieren gar nicht, dass sie gerade Mathe üben – Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis zehn. Spielerisch eben. Und so, dass Rechnen und der Umgang mit Zahlen Spaß machen. Da fällt es leicht, aufzubauen. Denn: das ist nur der erste Schritt. „Es ist schon etwas mehr zu tun“, erklärt die Ergotherapeutin. Sie hat in vielen Jahren Arbeit mit Kindern, die den Umgang mit Zahlen bei ihr erlernt haben, zahlreiche Ideen entwickelt und in ein Konzept zusammengeführt, den „Zahlenführerschein“. Dabei geht es in zehn Schritten zu mehr Rechenkompetenz. Immer spielerisch verpackt und abwechslungsreich. Und auf unerwartete Weise, ganz im Sinne der aktuellen Hirnforschung, die bestätigt: so lassen sich die besten Lerneffekte erzielen.

Stresssituationen durch Automatisieren entschärfen
Erleben die Kinder erste Erfolge beim ungeliebten Rechnen, schüttet ihr Gehirn vermehrt Dopamin aus, das ebenso wie Serotonin als Glückshormon gilt. Ihre Eigenmotivation nimmt dadurch zu. Ein guter Zeitpunkt, weiter voranzugehen und das Gelernte zu Automatisieren. Auch dazu hat sich die Ergotherapeutin Hassel eine Reihe von Spielen ausgedacht, die sie mit Bewegung kombiniert. In schneller Abfolge und hoher Frequenz lässt sie die Kinder antworten, das Gelernte vertieft sich, wird zum Wissen. Je besser das Wissen automatisiert ist, desto schneller ist es abrufbar – eine wichtige Voraussetzung, um Klausuren oder Stresssituationen erfolgreich zu bewältigen. Manche Kinder benötigen darüber hinaus weitere Unterstützung und Stärkung. Ergotherapeuten gehen bei ihren Interventionen grundsätzlich individuell vor, so auch hier. Sie finden gemeinsam mit dem Kind passende Strategien, um in schwierigen Situationen mental stark zu sein. Das kann alles Mögliche sein: ein ‚Zauberstein‘, ein Glücksbringer oder irgendetwas anderes – etwas, was eben genau für dieses Kind passt, woran es glaubt, dass es in diesem Moment Glück bringt, stark macht. Und das funktioniert dann auch tatsächlich.

Kinder emotional stärken und Eltern einbeziehen
Das, was äußerlich betrachtet „nur“ Probleme beim Rechnen sind, betrifft auch die emotionale Ebene. Was geht in diesen Kindern vor? „Sie merken natürlich selbst, dass sie etwas schwer oder gar nicht können, was den anderen Kindern leichtfällt“, beschreibt Andrea Hassel, warum sich diese Kinder minderwertig fühlen. Oder sich in etwas hineinsteigern wie ‚Mathe ist blöd, ich kann das einfach nicht‘. Manche bekommen zuhause Ärger und mit der Zeit verändert sich das Verhältnis der Eltern zu ihrem Kind. Es bauen sich Fronten auf, es gibt Streit wegen der Hausaufgaben. Es kann sogar dazu kommen, dass Eltern ihr Kind ablehnen. Die Ergotherapeutin Hassel misst ebenso wie ihre Berufskollegen der Elternarbeit eine große Bedeutung zu. Erklärt den Eltern beispielsweise, dass es nicht zwingend ein intellektueller Mangel ist, sondern andere Gründe haben kann, weshalb ihr Kind im Matheunterricht nicht so gut mitkommt. Und dass sie, die Ergotherapeuten, andere Wege einschlagen, um Wissen zu vermitteln. Parallel stärken sie die Kinder emotional. Und zeigen ihnen immer wieder, was in ihnen steckt und vor allem: dass sie rechnen können.

Informationsmaterial zu den vielen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeuten des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.); Ergotherapeuten in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes im Navigationspunkt Service und Ergotherapeutische Praxen, Suche.

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