presse

  • Fehlerteufel

    Sie haben einen Fehler auf dieser Seite gefunden? Dann schicken Sie uns doch einfach eine Nachricht mit der Angabe, wo sich der Fehler versteckt hat. Der aktuelle Link dieser Seite wird automatisch mit übertragen.
    Ungültige Eingabe
    Ungültige Eingabe
    Bitte geben Sie Ihre Nachricht ein!
    Ungültige Eingabe
    Bitte beantworten Sie die Sicherheitsfrage

FEHLERTEUFEL

 

Die Gesundheitspolitik beschäftigt sich seit Jahren mit der Problematik des Heilpraktikergesetzes aus 1939 (!). Ziel war es damals, jüdischen Ärzten, die ihre Approbation verloren hatten, jegliche weitere Tätigkeit zu verbieten. Dies geschah durch eine durchaus willkürlich enge Definition des Begriffs der Heilkunde: Nur approbierte Ärzte und – ganz im Sinne der NS-Blut-und-Boden-Ideologie – die Heilpraktiker, so u. a. die Kräuterweiblein, sollten noch berechtigt sein, Patienten zu behandeln. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wird nun ein Rechtsgutachten zu der Frage in Auftrag geben, welche Änderungen des Heilpraktikergesetzes notwendig und möglich sind. Zentral geht es dabei um die Frage, wie der Begriff „Ausübung der ärztlichen Heilkunde“ aus heutiger Sicht zu definieren ist, wer also in Deutschland zukünftig Heilkunde ausüben darf.

Heilpraktikergesetz ist ein spezielles Gesetz
Bei dem Heilpraktikergesetz aus 1939 handelt es sich um sogenanntes vorkonstitutionelles Recht. Das bedeutet, dass nur die Teile, die nicht dem Grundgesetz widersprechen, rechtlich noch Gültigkeit besitzen. Zunehmend kritisch wird gesehen – so zuletzt in der Münsteraner Erklärung der Ärzteschaft -, dass jedermann ohne Nachweis einer entsprechenden Ausbildung und entsprechender medizinischer Fachkenntnisse die Heilpraktikererlaubnis und damit die Erlaubnis zur Ausübung von Heilkunde erhält, der sich im Rahmen der Gefahrenabwehr (!) erfolgreich einer Prüfung vor dem Gesundheitsamt oder der nach Landesrecht zuständigen Behörde stellt. Wenn die Sorge ausgeräumt wird, dass die angehende Heilpraktikerin/der angehende Heilpraktiker seinen Patientinnen oder Patienten schadet, muss die Heilpraktikererlaubnis erteilt werden. Es darf nicht überprüft werden, ob und welche medizinischen Fachkenntnisse sie oder er nachweisen kann. Dieser Zustand wird zunehmend als unbefriedigend empfunden. Jeder Patient, jeder Hilfesuchende darf mehr erwarten als nur, dass der Heilpraktiker „keine Gefahr für die Volksgesundheit“ darstellt.

Chancen auf Neubewertung
Im März 2018 hat der Gesetzgeber deshalb als ersten Schritt im Rahmen des Pflegestärkungsgesetzes III bundesweit verbindliche Leitlinien zur Durchführung der Heilpraktikerüberprüfung eingeführt, um einer laschen regionalen Überprüfungspraxis entgegenzuwirken. Darüber hinaus wurde im Koalitionsvertrag nicht nur festgelegt, dass „das Spektrum der heilpraktischen Tätigkeit im Sinne einer verstärkten Patientensicherheit zu überprüfen ist“, sondern mehr noch: Die Kompetenzverteilung zwischen Ärzten, Pflege- und Therapieberufen soll insgesamt neu geregelt werden. Was dabei rechtlich möglich ist, wie der Begriff „Heilkunde“ aus heutiger Sicht rechtlich zu definieren ist, soll nun in einem Rechtsgutachten geklärt werden, das das BMG am 30. Oktober 2019 öffentlich ausgeschrieben hat. Erstmals öffnet sich das BMG damit für zukunftsgerechte Lösungen. Das Denkverbot, das die Ärzteschaft so lange hoch hielt, ist damit gefallen, und das ist gut so. Denn die Entwicklung im Gesundheitsmarkt ist längst weiter: Die Ärzteschaft selbst hat durchgesetzt, dass niedergelassene Ärzte Praxisfachangestellte mit heilkundlichen Aufgaben betrauen dürfen, und das Bundesverwaltungsgericht hat schon vor Jahren bestätigt, dass z. B. Physiotherapeuten ohne ärztliche Verordnung tätig werden dürfen, wenn sie (in der Regel nach einer Weiterbildung von 60 Unterrichtseinheiten) eine Anerkennung als sektoraler Heilpraktiker erhalten haben.

Alles ist möglich
Natürlich steht der Schutz der Patienten an allererster Stelle. Es darf keinen Raum geben für Scharlatane, und ebenso wenig für ehrgeizige, aber therapeutisch überforderte Behandler. Also bedarf es klarer gesetzlicher Regelungen, die bisher fehlen. Die berechtigte Forderung nach einer Neustrukturierung von Aufgaben in der Patientenversorgung bietet Chancen, trotz Personalmangel eine bestmögliche und auch weiterhin wirtschaftlich verantwortungsvolle Therapie sicherzustellen. Voraussetzung für eine an diese Herausforderungen angepasste Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen ist aber die rechtliche Neubewertung der Legaldefinition „Ausübung der Heilkunde“ in Deutschland. Hier hilft im Übrigen auch ein Blick über die Landesgrenzen.
Der SHV begrüßt deshalb ausdrücklich diese mutige Initiative des BMG und wird die weiteren Beratungen eng begleiten, mit klaren Forderungen, aber auch mit Augenmaß, weil es um die bestmögliche Versorgung der Patienten geht.

Weiterer Zeitplan
Die Ausschreibung des Rechtsgutachtens sieht einen Zwischenbericht bereits Ende März 2020 vor. Das finale Gutachten soll bis zum 18. Juni 2020 vorgelegt werden.

Mehr lesen Sie hier shv-heilmittelverbaende.de