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FEHLERTEUFEL

 

Depressionen sind weit verbreitet, mit einer hohen Dunkelziffer verbunden und sehr wahrscheinlich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie stärker angestiegen. „Aus meiner Praxis kann ich bestätigen, dass viele meiner Patienten, die ihre Therapie abgeschlossen hatten, jetzt wieder in Behandlung sind“, verdeutlicht die Ergotherapeutin Stephanie Knagge die aktuelle Lage. Auch verzeichnet sie eine Reihe neuer Patienten mit Depression. Die meisten von ihnen schaffen es nicht, sich im Homeoffice oder online-Studium selbst zu organisieren und zu strukturieren – eine fatale Situation für Menschen, die bereits eine Depression hatten oder an einer Störung leiden, die Depressionen begünstigt.

 

Wichtige ergotherapeutische Aufgabe: Aufklären
Eine der ersten Aufgaben von Ergotherapeuten ist nach den Fragen zur Krankheitsgeschichte die Psychoedukation, das Aufklären über das Krankheitsbild oder die Störung. Sofern Bedarf besteht, können Ergotherapeuten dank des medizinischen Teils ihrer Ausbildung ihre Patienten ausführlich und auf Augenhöhe, also so, dass ihr Gegenüber alles und alle Zusammenhänge versteht, informieren. Sie sprechen mit ihnen über Entstehen, Folgen und Therapiemöglichkeiten, die helfen; wissenschaftlich belegt und gesichert. Dazu verbildlicht die Ergotherapeutin Knagge ihren Patienten Krankheitsbilder. Eine Depression beispielsweise veranschaulicht sie auch als eine Entgleisung der Neurotransmitter. Neurotransmitter ist der Fachbegriff für die Botenstoffe im Gehirn, die für Stimmung und Verhalten maßgeblich sind. Ergotherapeuten wissen das und entsprechend (be-)handeln sie. Sie erklären ihren Patienten daher zunächst, dass es wichtig ist, die verordneten Medikamente einzunehmen, weil das Gehirn mit Botenstoffen versorgt werden muss, um die Auswirkungen der Depression zu mildern. So lässt sich zielgerichtet und wirksamer therapieren. Danach zeigen Ergotherapeuten den Betroffenen im Rahmen der Psychoedukation feinfühlig auf, wie ihre Erkrankung ihr tägliches Leben regelrecht entleert hat und wie es im Lauf der ergotherapeutischen Intervention gelingen kann, diesen „Löschmodus“ umzukehren, sprich den Alltag wieder mit den Aktivitäten und Handlungen zu füllen, die für denjenigen wichtig und erfüllend sind.

Gehört zum Programm bei Ergotherapeuten: Strukturen und Handlungsfähigkeit
Therapie bei Ergotherapeuten bedeutet: sich um den Alltag und Routinehandlungen kümmern. Es geht darum, möglichst viele Aktivitäten als Routine stattfinden zu lassen. Routinehandlungen sind automatisierte Handlungen. Diese ‚Automatismen‘ laufen quasi im Hintergrund ab, vergleichbar mit einem ‚Autopiloten‘: sie benötigen wenig Energie, da hierfür keine Entscheidungen nötig sind. Handlungen und Tätigkeiten hingegen, die Entscheidungen erfordern, strengen die Betroffenen an – sofern sie sich überhaupt zum Anfangen überwinden können. Die Folge: es kommt zu einer Überforderung, die tiefer in die Depression führt. „Ergotherapeuten arbeiten unter anderem mit verhaltenstherapeutischen Methoden“, sagt Stephanie Knagge und erläutert ihren Part: „Die Aufgabe des behandelnden Psychotherapeuten ist es, die Psyche zu therapieren. Meine Aufgabe besteht darin zu bewerkstelligen, dass die Patienten in die Handlung kommen, ihr Verhalten ändern und dadurch ihren Alltag sukzessive wieder besser strukturieren, immer wieder Erfolge erleben, was die Produktion der Botenstoffe ankurbelt.“ Dazu legt die Ergotherapeutin im engen Austausch mit ihren Patienten Ziele und Prioritäten fest. ‚Was ist der Person besonders wichtig‘ und ‚was kann sie in ihrem Krankheitsstadium bewerkstelligen‘ sind Fragen, die dabei eine grundlegende Rolle spielen.

Bewusstsein schaffen: den Alltag von Menschen mit Depression beleuchten
„Es benötigt unter anderem Erkenntnisse zur eigenen Situation und Selbsterkenntnis“, erklärt die Ergotherapeutin Knagge, wie sie gemeinsam mit Menschen mit einer Depression Ziele definiert. Dazu verwendet sie Assessments. Das sind in die Tiefe des Themas gehende, ineinandergreifende Fragen, Beobachtungsverfahren und Tests. Mit deren Hilfe finden Ergotherapeuten heraus, wie es um den Alltag der betreffenden Person bestellt ist. Schafft sie es noch, sich selbst zu versorgen, aufzustehen, sich selbst und die Wäsche zu waschen, zu kochen, zur Arbeit zu gehen? Und wie sieht es mit der Kommunikation und den sozialen Kontakten aus? Wann war das letzte Treffen mit Freunden, das letzte Telefonat? Findet noch Partizipation und Teilhabe statt? Die Ergotherapeutin hört dann oft: „Stimmt, ich rufe niemanden mehr an oder wenn sich Leute melden, tu ich so, als ob ich nicht da bin.“ Sind die Ziele – oder bei denjenigen mit einer schweren Depression möglicherweise sogar nur ein (kleines) Ziel – klar, geht es an die Umsetzung der für denjenigen wichtigen und erfüllenden Handlungen und vor allem um die Erfolgskontrolle. „Kontrollmechanismen sind das A und O in der Verhaltenstherapie“, betont die Ergotherapeutin und fährt fort: „Nur wer der sozialen Kontrolle, der Verpflichtung und darüber hinaus einem zuvor vereinbarten, eigenen Kontrollmechanismus unterliegt, kommt auch tatsächlich ins Handeln“. Sie selbst lässt sich von ihren Patienten bei Bedarf zu Beginn der festgelegten Handlung anrufen, ansimsen, anmailen und beim Beenden ebenfalls.

Weitere Symptome der Depression mildern: sensorische Arbeit und Hilfsmittel
„Wer an einer Depression leidet, ist emotionsverflacht, spürt sich und seine Gefühle kaum oder gar nicht mehr“, beschreibt die Ergotherapeutin, wie sich weitere Symptome auch nahe- und außenstehenden Menschen zeigen. Viele Ergotherapeuten sind so wie Stephanie Knagge in Sensorischer Integration ausgebildet und kreieren oder finden individuell passende Hilfsmittel, die Reize und Impulse geben, die antriebssteigernd wirken, die Konzentration verbessern oder bei den Betroffenen für die nötigen Reize sorgen, um anfangen oder weitermachen zu können. Als ausgesprochen wirkungsvoll empfindet die Expertin Hilfsmittel, die das Prinzip der sozialen Kontrolle oder Verpflichtung bedienen, wie focusmate.com. Das online-Portal verbindet weltweit Menschen, die eine Aufgabe zu einer bestimmten Uhrzeit beginnen und zu Ende bringen wollen. Bewegung, am besten bei Tageslicht und wenn es passt mit Hund, weil dann die Verpflichtung reell ist, MOTIVaider, ein Gerät, das so lange vibriert, nervt und für eine Dopamin-Ausschüttung im Gehirn sorgt, bis die nutzende Person die Handlung aufnimmt – die Bandbreite der Hilfsmittel, Ideen und Lösungsangebote, die sich Ergotherapeuten einfallen lassen, ist groß. Immer mit dem Ziel, deren Alltag zu verbessern, was durch die möglichst zahlreichen Erfolgserlebnisse, die die Ausschüttung der fehlenden Botenstoffe forcieren ebenso gelingt wie durch das Wiederbeleben der für die Betroffenen wichtigen und erfüllenden Aktivitäten. So besteht die Chance, die Therapiedauer zu verkürzen und die Betroffenen schneller und dauerhaft aus ihrer Depression zu holen.

Informationsmaterial zu den vielfältigen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeuten vor Ort; Ergotherapeuten in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter https://dve.info/service/therapeutensuche.

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