Auswirkungen von Mobbing
Mobbing ist alles andere als ein Spaß oder ein Kavaliersdelikt. Darüber sollten sich Mobber:innen im Klaren sein, denn sie schaden ihrem Opfer massiv; je länger, umso schwerwiegender sind die Auswirkungen. Bei Schüler:innen fallen zunächst oft die schulischen Leistungen ab, Jugendliche oder Erwachsene, die studieren oder arbeiten, verlieren zunehmend Energie, ihnen unterlaufen Fehler und sie können ihr Potenzial nicht entfalten. Gesundheitliche Probleme, abnehmende Selbstwertgefühle und Selbstvertrauen, der Rückzug von früheren Aktivitäten und Treffen, aber vor allem psychische Folgen wie Angstzustände und Depressionen, Schlaf- oder Essstörungen können Anzeichen und Folgen von Mobbing sein. Manchen erscheint Suizid der einzige Ausweg aus dieser vermeintlich hoffnungslosen Situation des Ausgeliefertseins. „Leider trauen sich viele nicht, etwas zu sagen, doch gibt es Hilfe“, sagt der Ergotherapeut Levi Hackbarth und ermuntert alle, unbedingt etwas zu unternehmen: „Es hört sonst nicht auf“. Wer – als Betroffene:r oder als außenstehende Person – erkennt, was vorgeht und will, dass sich etwas ändert, kann sich an unterschiedliche Stellen wenden. Für Kinder sind meist die eigenen Eltern, Großeltern oder Lehrer:innen Vertrauenspersonen. Entsprechende Äußerungen oder Signale von Kindern sollten Erwachsene daher unbedingt ernst nehmen, verständnisvoll und empathisch reagieren. Darüber hinaus gibt es für Mobbing im Kindes- und Jugendalter Anlaufstellen wie den Kinderschutzbund oder das Jugendamt. Andere niederschwellige Angebote, bei denen man teils anonym bleiben kann, sind Telefonseelsorge oder Internetportale. , Ebenso unterstützen kirchliche oder andere soziale Einrichtungen die Betroffenen, bei Kinder die Eltern oder bei allen Freund:innen oder Angehörige mit Ratschlägen und Tipps. Oft kommt von dort die Empfehlung, sich zusätzlich Hilfe bei Ergotherapeut:innen zu holen. Ergotherapie verordnen Haus- oder Kinderärzt:innen.
Ergotherapeut:innen bauen Vertrauen auf, analysieren Schwierigkeiten …
Eine der Stärken von Ergotherapeut:innen ist außer ihrem einfühlsamen Vorgehen ihre strukturierte und analytische Herangehensweise. Kommen Mobbingopfer zum ersten Mal in eine ergotherapeutische Praxis, gilt es, zunächst ihr Vertrauen zu gewinnen. Gleichzeitig fragen Ergotherapeut:innen wie Levi Hackbarth eine Reihe von Dingen ab, um herauszufinden, wie es um die psychische und physische Situation ihrer Klient:innen bestellt ist. Hierzu nutzen sie Assessments; das sind Test- und Bewertungsverfahren in Form von Fragen oder Beobachtungen. Handelt es sich um Kinder, die Mobbing ausgesetzt sind, nutzen Ergotherapeut:innen beispielsweise den AFS (Angstfragebogen Schule) oder den ALS (Aussagen-Liste zum Selbstwertgefühl für Kinder und Jugendliche). Damit können sie differenziert in die verschiedenen Lebens- und Verhaltensbereiche wie Schule, Freizeit und Familie schauen und feststellen, um welche Probleme es geht und woher sie rühren. Für Erwachsene, die sich Hilfe bei Ergotherapeut:innen suchen, gibt es wiederum spezielle Vorgehensweisen und Ansatzpunkte, die sich ebenso mit dem Arbeitsumfeld wie mit anderen Bereichen befassen, wo Mobbing stattfinden kann. Ein weiterer Pluspunkt, der die ergotherapeutische Intervention von anderen Therapien abgrenzt, ist die Möglichkeit, das Umfeld einzubeziehen. Bei Kindern und Jugendlichen holen Ergotherapeut:innen an erster Stelle die Eltern mit ins Boot. Wenn erwünscht und sinnvoll, setzen sie sich mit den Lehrkräften zusammen oder hospitieren im Unterricht . Die Eltern verbringen die meiste Zeit mit den Kindern. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass sie lernen, ihren Kindern in Konfliktsituationen ein gutes Vorbild zu sein und sich den Kindern gegenüber so zu verhalten, dass ihr Selbstvertrauen wächst. Die Eltern und das Elternhaus müssen für Kinder, die Mobbing ausgesetzt sind ein sicherer Hafen sein; das ist ein wesentlicher Teil der Stabilisierung durch Ergotherapeut:innen. Bei Erwachsenen stehen die eigene Stabilisierung, das Stärken von Selbstwert und Selbstvertrauen und der Umgang mit Konfliktsituationen im Vordergrund
… und stärken Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
Parallel sorgen Ergotherapeut:innen bei ihren Interventionen dafür, dass es ihren Klient:innen über Erfolgserlebnisse gelingt, Selbstwirksamkeit zu erfahren und ihr Selbstvertrauen aufzubauen. Bei Kindern heißt das: spielerisch. Den ohnehin belasteten Kindern soll es eine Freude und nicht etwa eine Pflicht sein, also lassen Ergotherapeut:innen sie beispielsweise Parcours mit verschiedenen Aufgaben absolvieren. Balancieren, Klettern, Aufgaben lösen – so werden die Kinder körperlich und geistig gefordert. Die Schwierigkeitsgrade legen Ergotherapeut:innen so an, dass es für die Kinder anstrengend ist und sie sich konzentrieren müssen, sie es aber schaffen können. Nur so sind die Kinder am Ende des Tages zufrieden und stolz auf die eigene Leistung. Das ist ein wichtiger Baustein für mehr Selbstvertrauen und selbstbewusstes Auftreten. Ein weiterer Aspekt ist Schlagfertigkeit. „Es gibt Spiele, um diese Fertigkeit zu trainieren und es macht total viel Spaß mit anzusehen, wie teils verschüchterte oder zurückhaltende Kinder mit immer mehr Witz und Scharfsinn auf Situationen reagieren“, schwärmt der Ergotherapeut von seinen diesbezüglichen Erfahrungen. Gerne empfiehlt er daher den Eltern Spiele wie Happy Horst oder Donnergrummel auch für Zuhause. Allen – Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – kann darüber hinaus ein Mobbing-Tagebuch helfen, sich die belastenden Situationen „von der Seele zu schreiben“.
Mobber:innen oftmals selbst Opfer ihrer Umstände
Nichts, aber rein gar nichts entschuldigt Mobbing. Und dennoch: Mobbing lässt sich auch als eine Art Hilfeschrei der Mobber:innen interpretieren. Es sind nicht immer nur Langeweile, Machstreben oder Gruppenzwang, die Mobber:innen veranlassen, andere zu drangsalieren. „Oft hat man auf Seiten der Mobber:innen ein sehr ähnliches Profil wie auf Seiten der Mobbingopfer“, erwähnt Hackbarth ausdrücklich. Mobber:innen haben oft selbst Schlimmes erlebt, kommen mit ihren unausgeräumten familiären oder persönlichen Problemen nicht zurecht und verschaffen sich so einen Kanal, um ihren Frust abzulassen und die eigene Hilflosigkeit zu überspielen. Ergotherapeut:innen betrachten Mobber:innen nicht per se als böse. Mobber:innen brauchen genauso Hilfe wie ihre Opfer. Aufbauen von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sorgen dafür, dass sie von ihrem schädigenden Verhalten anderen gegenüber ablassen und an ihrer eigenen, positiven Entwicklung arbeiten.
Hier geht es zu „be social“, der Organisation, die der Ergotherapeut Levi Hackbarth gegründet hat: https://be-social.eu/startseite.html und https://www.facebook.com/OfficialBeSocial/
Informationsmaterial zu den vielfältigen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeut:innen vor Ort; Ergotherapeut:innen in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter https://dve.info/service/therapeutensuche