Eine aktuelle Umfrage der DAK Gesundheit zeigt: Die Furcht der Deutschen an Krebs zu erkranken, hat zugenommen. Und das, obwohl die Überlebenschancen immer besser werden. Sogar die bei Frauen mit Abstand am weitesten verbreitete Form, der Brustkrebs, ist dank der Diagnose- und Therapiefortschritte sowie flächendeckender Früherkennungsmaßnahmen inzwischen weniger bedrohlich. Das sind die Fakten. Aber gerade bei Krebserkrankungen spielt die Psyche eine zentrale Rolle. „Es ist immens wichtig, vor allem Frauen mit Brustkrebs einfühlsam zu begleiten und Ihnen Zuversicht zu vermitteln.“, erläutert Margot Grewohl, Ergotherapeutin und Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) Aspekte ihres Berufsalltags. Sie arbeitet interdisziplinär, also im Team mit anderen medizinischen Fachkräften, in der Nachsorge von Krebspatienten. Ihr Ziel: Diese auf den Alltag vorzubereiten und gleichzeitig ihre Achtsamkeit für sich selbst zu schärfen.
Es ist und bleibt für die meisten ein unaussprechlicher Schock: Wer erfährt, dass er Krebs hat, für den gerät die Welt aus den Fugen. Auch wenn die Heilungschancen immer besser werden, empfinden Frauen die Diagnose Brustkrebs und die damit möglicherweise verbundene Amputation einer oder beider Brüste als einen besonders schlimmen Schicksalsschlag. „Der Busen ist ein Zeichen von Weiblichkeit, ein Schönheitsmerkmal und er ist wichtig für das Selbstbewusstsein als Frau.“, spricht Margot Grewohl Punkte an, die sich auf die Psyche und damit den Heilungsprozess auswirken. Ergotherapeutinnen wie Margot Grewohl gehen besonders behutsam mit ihren Patientinnen um. Und: Sie erinnern sie zwar einfühlend, aber mit Nachdruck an ihre Eigenverantwortung. Denn nur durch konsequentes Selbst-Abtasten können sie verhindern, dass neu gebildete Metastasen unbemerkt bleiben. „Ich übe das in jeder Behandlungseinheit mit meinen Patientinnen.“, sagt Grewohl. Die erfahrene Ergotherapeutin verdeutlicht, warum sie so vorgeht: „Natürlich bekommen die Frauen das beim Gynäkologen gezeigt. Aber das ist einmalig und die Frauen sind nach einer Brustkrebs-OP ängstlicher. Die Sicherheit, alles richtig zu machen und die Selbstkontrolle dann auch tatsächlich als tägliche Routine durchzuführen, das manifestiert sich erst mit dem regelmäßigen Üben.“ Früherkennung wird dadurch zur Selbstverständlichkeit und die Frauen vergessen oder verdrängen dann nicht so leicht, regelmäßig Kontrolltermine beim Frauenarzt zu vereinbaren.
Ergotherapeuten beleuchten alle Ebenen
Dennoch steht bei Ergotherapeuten nicht grundsätzlich „die Psyche“ auf dem Programm; eher geht es darum, die negativen Gefühle in bestimmten Situationen auszublenden. Und das gelingt ihnen, indem sie die Aufmerksamkeit ihrer Krebspatienten auf das Positive lenken, nach ihren Fähigkeiten schauen, danach, was sie noch oder schon wieder können und wollen. Im Mittelpunkt steht dabei zunächst der Alltag. „Wir versuchen, mit unseren Patienten so viele Aktivitäten wie möglich zu fördern oder zu erhalten.“, zeigt Margot Grewohl die maßgeblichen Ziele der Ergotherapie auf. Das beginnt in aller Regel im Kleinen, wie der täglichen Hygiene oder anderen Handlungen, die nötig sind, um beispielsweise wieder zuhause leben zu können. Ergotherapeuten schauen und (be)handeln auf allen Ebenen, berücksichtigen, dass Körper, Geist und Seele zusammen gehören und sich gegenseitig beeinflussen. Nach einer Amputation, und das gilt auch für Frauen mit Brustkrebs, ist der Körper verändert und es heißt: Bewegungen neu erspüren und neu erlernen. Dies erfordert ein intensives ergotherapeutisches Coaching, damit sich bei den Patienten diese neue Körperwahrnehmung im Gehirn abspeichern kann. Und das Neue zum Automatismus wird, Bewegungen ohne Schmerzen oder Fehlbelastungen möglich sind und dass es sich „richtig“ anfühlt.
Ergotherapeutische Angebote helfen beim Verarbeiten
Ihre Patientinnen mit Brustkrebs lässt Margot Grewohl am Anfang ein Selbstbild malen oder zeichnen – je nach Talent kann das auch nur ein Strichmännchen sein. Dass sie ihre Patientinnen dafür an einem Pult, also auf Schulterhöhe arbeiten lässt, hat gleich mehrere Gründe: Vordergründig geht es für die Patientin um den funktionalen Test, also wie hoch kann sie die Arme schon heben, wie bewegt sie sie, wo setzt der Schmerz ein und entstehen durch verkrampfte Bewegung möglicherweise Verspannungen, die es schon im Vorfeld zu verhindern gilt? Hintergründig wird wieder die Psyche überlistet, denn tatsächlich geht es auch um die eigene Körperwahrnehmung, darum, wie vollständig sich die Patientin sieht. Ist die Patientin weniger auf die Qualität des Bildes fokussiert, wird dieses viel aussagekräftiger als eines, mit dem sie sich nachdrücklich auseinandersetzt und aus Selbstschutz möglicherweise gar nicht zeigt, wie verletzt oder gar verstümmelt sie sich empfindet. Mit weiteren ergotherapeutischen Maßnahmen und Betätigungen geht es dann daran, das Leid und die Verletzungen, die diese Frauen durch ihre Krebserkrankung erfahren haben, zu bewältigen. Deshalb gehören handwerkliche und künstlerische Angebote zur ergotherapeutischen Krebsbehandlung. Hier finden Frauen nach einer Brustkrebs-Operation die Möglichkeit, ihre Gefühle darzustellen und sich mit ihnen auseinander zu setzen. Das kann durch Bilder, Skulpturen oder andere Werkstücke und Arbeiten geschehen. So lassen sich die schlimmen Ereignisse im wahrsten Sinne des Wortes verarbeiten, die Betroffenen können sich von dem Erlebten lösen und innerlich zu mehr Ruhe kommen.
Ergotherapie bindet Angehörige ein
Vornehmlich helfen Ergotherapeuten den Betroffenen selbst, mit ihrer Situation zurecht zu kommen, motivieren und bestärken sie in ihrem Kampfgeist. Doch oft sind es auch die Angehörigen oder Partner, die nicht damit klarkommen, dass ein geliebter Mensch Krebs hat und sie ihn möglicherweise verlieren werden. Dabei können sie ebenfalls ihren Beitrag leisten, damit es dem Patienten besser geht. Die Ergotherapeutin Grewohl instruiert gerne die Angehörigen: Als Co-Therapeuten aber ebenso im „richtigen“ Umgang mit dem Erkrankten, dem sie ihre Stärke und Kraft durch ihre Berührungen und sonstige Unterstützung geben können. Und sie zeigt ihnen, dass es durchaus schöne Momente gibt und man die auch genießen darf und muss. „Wer aus Angst, sich falsch zu verhalten, die Besuche reduziert oder den Kontakt meidet, macht sich oft hinterher Vorwürfe und kann meist ganz schlecht loslassen und abschließen.“, veranschaulicht Margot Grewohl, dass die Bewältigung der Krankheit und in manchen Fällen eben auch die Trauerarbeit für die Angehörigen bereits mit dem Aufenthalt in der Klinik beginnt. Informationsmaterial zum Thema Krebs sowie den weiteren Behandlungsfeldern der Ergotherapie erhalten Interessierte bei den Ergotherapeuten vor Ort; diese sind über die Therapeutensuche im Navigationspunkt „Service“ des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) auf www.dve.info zu finden.
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