Ist es „nur“ ein Trend? Oder eine Folge der gesellschaftlichen Entwicklung, dass das Thema Achtsamkeit so hoch im Kurs steht? „Auf viele Menschen wirkt das Leben anstrengend und sie wünschen sich, besser mit dem Druck von außen umgehen zu können.“, spiegelt Renate Kintea, Ergotherapeutin im DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) wieder, was vielen ihrer Klienten gemeinsam ist. Stress oder schwierige Anforderungen und Belastungen bereiten häufig Probleme; vielfach verstärkt wirken sie sich jedoch auf diejenigen aus, die während oder nach einer Krankheit ihren Alltag wieder bewerkstelligen möchten. Geht es um die Alltagsbewältigung, sind Ergotherapeuten im Gesundheitswesen an erster Stelle zu nennen. Und für nahezu jede gesundheitliche Problematik halten sie eine große Methodenvielfalt bereit, lassen zunehmend auch Achtsamkeitsübungen in ihre Behandlungen einfließen.
In die Praxis der Ergotherapeutin Renate Kintea kommen eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten mit ihren jeweiligen, individuellen Problemen oder Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson, ADHS, psychischen Problematiken und vielem mehr. Eines verbindet sie: der Wunsch, im Alltag wieder zurechtzukommen und vor allem, ihr Leben mit mehr Selbstbestimmung zu leben. Sofern die Klienten es wünschen und ihre Krankengeschichte es zulässt, berücksichtigen die Ergotherapeutin aus Mannheim und ihr Team Elemente des Achtsamkeitstrainings bei ihren Behandlungskonzepten. Ihre positiven Erfahrungen sprechen für sich.
Gemeinsam realistische Ziele festlegen – klassischer Ansatz der Ergotherapie
Lange anhaltende Krankheiten bedeuten eine enorme Belastung – körperlich und seelisch. Ebenso verhält es sich zum Beispiel mit dauerhaften Schmerzen. Beides kann sogar dazu führen, dass sich bei den Betroffenen eine Depression entwickelt. Die Folge: es fällt ihnen zusehends schwerer, sich von ihren Symptomen oder Schmerzen zu distanzieren. Ihr Leiden nimmt zunehmend mehr Raum ein, den Anforderungen des realen Lebens können sie immer weniger gut nachkommen. “Mithilfe von Achtsamkeitsübungen – und das sind anfangs ganz einfache Aufgaben wie beispielsweise den eigenen Atem beobachten – lernen unsere Klienten gleich zu Beginn, wie sie es schaffen, besser mit ihren Symptomen umzugehen. Schmerzpatienten zum Beispiel bestehen regelrecht aus Schmerz. Dank entsprechender Übungen erkennen sie, dass dies nur eine von vielen Wahrnehmungen ist. So gelingt es Ihnen, sich auch auf diese anderen Eindrücke und auf etwas Neues zu fokussieren.“, schildert die Ergotherapeutin Kintea erste Erfolgserlebnisse von Patienten, die manchmal eine wahre Odyssee hinter sich haben, bevor sie zu ihr in die Ergotherapie kommen. Im nächsten Schritt kann es um die Planung des Alltags gehen: Dazu erarbeiten Ergotherapeuten grundsätzlich gemeinsam mit dem Betroffenen einen Aktivitätsplan, jeweils für die kommende Woche. „Es ist ausgesprochen wichtig, dass die Ziele, die von mir behandelten Personen sich vornehmen, realistisch und erreichbar sind. Da hat Perfektionismus keinen Platz, der würde nur bei der Umsetzung das Stressniveau unnötig in die Höhe schnellen lassen.“, erläutert die Expertin und fährt fort: „Um die übergeordneten Ziele zu erreichen, heißt es in Etappen vorgehen und die Klienten in die Lage versetzen, alleine und außerhalb der Behandlung mit Situationen, die ihnen Stress verursachen, gekonnt umzugehen.
Transfer von Know-how – Teil der ergotherapeutischen Behandlung
Bei psychischen und häufig auch bei körperlichen Problemen leiden die Betroffenen oft unter dem Gefühl, eingeschränkt oder ohnmächtig zu sein. Dank der in der Ergotherapie erlernten Techniken zur Achtsamkeit können sie in solchen Momenten eine ihrer Übungen machen und erkennen: Ich bin meiner Krankheit – oder manchmal sind es auch die Umstände oder Personen aus dem Umfeld – nicht hilflos ausgeliefert, ich kann selbst etwas tun. Das verhilft ihnen, sich zu stabilisieren. Denn das Umfeld lässt sich nicht ändern, lediglich die Art und Weise, wie jeder Einzelne mit entsprechenden Situationen umgeht. Doch nicht nur in kritischen Augenblicken ist es nötig, Achtsamkeit zu üben. Ergotherapeuten, die sich auf das Thema Achtsamkeit spezialisiert haben, beginnen ihre Therapiestunden in der Regel mit entsprechenden Elementen aus dem Achtsamkeitstraining, als kleines Ritual sozusagen. Diese Vorgehensweise übernehmen die Klienten anfangs als Aufgabe in ihrem Aktivitätsplan, später als eine Selbstverständlichkeit in ihren Alltag. „Achtsamkeit in den Alltag integrieren heißt, in jedem Moment im Hier und Jetzt zu sein und alles bewusst zu tun, zu erleben und dadurch zu genießen.“, bringt es Renate Kintea, die MBSR, Mindfulness Based Stress Reduction, also Stressbewältigung durch Achtsamkeit, praktiziert und lehrt, auf den Punkt.
Selbstbestimmt handeln – immer oberstes Ziel der Ergotherapie
„Die Übungen zur Achtsamkeit sind einfach, aber nicht leicht.“, zitiert sie Jon Kabat-Zinn, der MBSR entwickelt hat. Wer einmal selbst versucht, achtsam zu sein, wird schnell feststellen, warum diese Aussage stimmt. In der heutigen Gesellschaft ist es nämlich völlig normal, um nicht zu sagen: erwünscht, multitasking zu sein. Heißt, eine Tätigkeit auszuführen und weitere, andere Dinge zu erledigen oder an zu erledigende Aufgaben zu denken, und, und, und. Was in der Konsequenz dazu führt, dass die Mehrzahl der Menschen sozusagen „nicht bei der Sache“ ist. Sich aus diesem Modus mehr und mehr auszuklinken, zieht Achtsamkeit nach sich. Was jedoch nicht bedeutet, langsamer zu werden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Spezialistin für Stressbewältigung verdeutlicht das so: „Wenn ich täglich schaue, wie meine Befindlichkeit ist und wie ich meinen Tag am besten und effektivsten bewerkstelligen kann, dann wirkt sich Achtsamkeit sogar als eine Art ‚Zeitspartool‘ aus. Das ist der Aspekt der Selbststeuerung: Gehe ich alles in der für mich stimmigen Art und Weise an, bleibe ich effektiv. Lasse ich mich hingegen von außen fremdsteuern, schlittere durch den Tag, dann kostet mich das unter Umständen sehr viel mehr Zeit, als wenn ich mir morgens fünf oder zehn Minuten Zeit nehme, mich zu ordnen.“
Ergotherapeutische Strategien einsetzen – im Alltag punkten
Um die Wirkung des Achtsamkeitstrainings an einem konkreten Fall zu veranschaulichen, berichtet Renate Kintea von einer an ADHS erkrankten, erwachsenen Frau. Sie hatte zu Beginn der Behandlung insbesondere mit ihren emotionalen Stimmungen zu kämpfen. Ihre ausgeprägte Impulsivität führte häufig zu Konflikten – privat und beruflich. Durch konsequentes Trainieren für sie passender Achtsamkeitsübungen konnte sie ihre Selbstwahrnehmung und Impulskontrolle deutlich verbessern. Aufziehende „emotionale Stürme“ nahm sie so frühzeitig wahr und es gelang ihr, sich dank des in der Ergotherapie Gelernten besser selbst zu steuern, sich also zu beherrschen. Mit Freude nimmt sie heute die Rückmeldungen ihres Umfelds auf, das sich positiv über ihre ruhigere und konzentrierte Ausstrahlung äußert. Weitergehende Informationen finden Interessierte auf der Homepage des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) www.dve.info. Informationsmaterial zu den Behandlungsfeldern der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeuten vor Ort; diese sind über die Therapeutensuche im Navigationspunkt „Service“ ebenfalls auf www.dve.info zu finden.
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