Was ist das beste Rezept, um gesund zu bleiben oder zu werden? Wie viel Vorsorge ist gut, welche Maßnahmen und Therapieformen sind verzichtbar, welche unabdinglich? Die öffentlichen Debatten zum Thema Gesundheit führen manchmal zu mehr Verwirrung als zu Klarheit. „Der Ansatz in der Ergotherapie hebt sich von allen anderen medizinischen Herangehensweisen dadurch ab, dass wir Ergotherapeuten die individuellen Bedürfnisse der Menschen, die zu uns kommen, in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen stellen. Wir versetzen sie in die Lage, den für sie wichtigsten Betätigungen (wieder) nachzugehen.“, erläutert Angelika Maurer. Die Ergotherapeutin des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) verdeutlicht, warum diese Berufsgruppe mit ihren Klienten persönliche Ziele findet, sie stark macht, autonom und selbstständig. Und sie somit gesund macht und hält.
Wie kommt es zu mehr oder besserer Gesundheit? Diese Frage beschäftigt viele, denn die Aussicht so alt zu werden, wie noch keine Generation zuvor, ist verlockend. Allerdings ist dieses Ziel nur dann erstrebenswert, wenn die Menschen den Weg dahin glücklich und zufrieden und in bestmöglicher Gesundheit zurücklegen können. Der Verzicht auf Rauchen, eine ausgeglichene Ernährung und ausreichend Bewegung alleine sind dafür jedoch keine Garanten. Gibt es über diese Aspekte der Prävention hinaus weitere, die einen positiven Einfluss haben und somit gesundheitsförderlich wirken? „Ja.“, sagen Ergotherapeuten wie Angelika Maurer. In die Ergotherapie kommen Menschen nach Unfällen, mit einer Behinderung oder bei einer Vielzahl von Erkrankungen, die dadurch in ihrem alltäglichen Leben beeinträchtigt sind. Denn die Ergotherapie stellt die Betätigung in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Jedes Handeln und Tun, also das, was im ergotherapeutischen Fachjargon mit dem Überbegriff „Betätigung“ bezeichnet wird, entfaltet seine Wirkung: Derjenige, der es gut kann, findet Anerkennung, Bestätigung und Erfüllung. Das Gegenteil tritt ein, wenn ein Mensch – sei es aus körperlichen, geistigen oder seelischen Gründen – etwas nicht (tun) kann, was ihm wichtig ist. Unfähigkeit und Untätigkeit führt auf Dauer oft zu persönlichem Frust, im weiteren Verlauf zu Minderwertigkeitsgefühlen, Depressionen oder anderen Erkrankungen. Oder zur sozialen Ausgrenzung.
Ergotherapeuten wissen: Betätigung führt zu Bestätigung
In der Ergotherapie geht es immer wieder ums Handeln, darum, dass der Mensch die Betätigungen, die ihm wichtig sind, ausführen und dadurch im Alltag gut zurechtkommen kann. „Und das sieht bei jedem anders aus, denn zu uns kommen Menschen jeden Alters, von wenige Monate alten Säuglingen bis zu Hochbetagten, mit völlig unterschiedlichen Erkrankungen oder Problemen. Und sie bringen ganz verschiedene Voraussetzungen und Fähigkeiten mit, möchten ihre eigenen Wünsche umsetzen und Ziele erreichen. Es ist schon daher ein ergotherapeutisches Grundprinzip, jeden Klienten individuell zu betrachten, zu beraten und zu behandeln.“, veranschaulicht Angelika Maurer diesen Ansatz. Am Anfang beleuchten Ergotherapeuten üblicherweise eine Vielzahl von Details wie die jeweilige Lebenssituation und die Lebensphase, in der sich ihre Klienten befinden. Alte Menschen haben einen anderen Tagesablauf und befassen sich mit anderen Aufgaben und gehen anderen Betätigungen nach als Kinder oder Erwachsene, die im Beruf stehen oder eine Familie versorgen. Jeder Mensch hat eigene Prioritäten, die sein Leben ausmachen. Nur, wenn die für den Betroffenen wichtigen Handlungen und Betätigungen möglich sind, kann er sich wohl fühlen, sich als gesund empfinden. „In den Grenzen seiner Erkrankung kann sich jemand wohl und in gewissem Maße sogar gesund fühlen, wenn er den für ihn wichtigen Betätigungen nachgehen kann.“, schildert Frau Maurer die Situation eines älteren Herren, der nach einem Schlaganfall massiv beeinträchtigt war, aber dank der ergotherapeutischen Intervention wieder Fahrrad fahren lernte. Auch von den Erfolgen einer jüngeren Klientin ist sie angetan. Diese hatte nach einem Unfall, bei dem sie sich mit der Heckenschere schwere Verletzungen an einer Hand zuzog, den Wunsch, wieder Klettern zu können. Mit entsprechendem ergotherapeutischem Training, motivierendem Coaching und dem Transfer der erlernten Strategien in ihren Alltag haben beide Klienten ihre zuvor mit der Ergotherapeutin gemeinsam festgelegten Ziele tatsächlich erreicht.
Ergotherapeutischer Ansatz: den Menschen in allen Feinheiten ergründen
Ganz andere Ziele haben Kinder oder wenn die Kinder noch zu klein sind, ihre Eltern stellvertretend für sie. Funktionieren eine oder mehrere Handlungen nicht, hat das weitreichende Konsequenzen – bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen. Frau Maurer erklärt das so: „Stellen Sie sich vor, ein Schulkind hat Schwierigkeiten, Buchstaben und Zahlen richtig zu schreiben bzw. es braucht immer besonders lange dafür. Das kann verschiedene Ursache haben: eine motorische Fehlentwicklung, eine Wahrnehmungs- oder eine kognitive Problematik. In jedem Fall beeinträchtigt es den Alltag des Kindes maßgeblich, denn es kann dem Unterricht nicht so folgen wie seine Altersgenossen. Die Schwierigkeiten setzen sich bei den Hausaufgaben fort. Das alles wirkt sich eben in weiteren Bereichen aus.“ Um die Ursache herauszufinden, geht die Ergotherapeutin Maurer so vor: Gemeinsam mit dem Kind schaut sie sich die gesamte Betätigung in den einzelnen Schritten an um festzustellen, wo genau ‚es klemmt‘. Mit passenden Assessments – das sind ausgeklügelte Fragebogen zur Analyse von Betätigungsproblemen – geht sie weiter in die Tiefe. Und auf die Summe ihrer Erkenntnisse baut sie ihr Behandlungskonzept auf.
Betätigung als Medium: so funktioniert Lernen in der Praxis
Ebenso individuell wie ihre Klienten und deren Bedürfnisse sind auch die Vorgehensweisen in der Ergotherapie. „Die Methodenvielfalt ist unsere große Stärke.“, zeigt sich Angelika Maurer begeistert und erklärt, wie sie die Betätigung als Medium und Mittel einsetzt. Sie schildert den Fall eines Jungen mit motorischer Entwicklungsstörung, eine Störung, die bei Kindern öfter vorkommt. Das, was den Jungen selbst am meisten störte, lässt sich gut nachvollziehen. Denn wer kennt sie nicht, die Kinder, die, weil sie so ungeschickt sind, im Sport bei der Teamauswahl immer übrig bleiben? Um mitmachen zu dürfen, integriert und akzeptiert zu werden, wollte er Fußball spielen lernen. Damit dieses Ziel erreichbar wurde, hat die Ergotherapeutin einen Ball besorgt, fangen und werfen mit ihm geübt, Abstände einschätzen, loslaufen, abbremsen, stoppen und schießen. Der große Vorteil für den kleinen Klienten war, dass er nicht unter Beobachtung Gleichaltriger stand und die Ergotherapeutin ihm die Zeit gab, die er benötigte. Dadurch gelang es, seine vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen weiter auszubauen. Zusätzlich hat sie ihm Strategien vermittelt, um Schwierigkeiten zu kompensieren. Eine solche Herangehensweise fördert die Nachhaltigkeit der Therapie. Ergotherapeuten behandeln die akuten Probleme. Das übergreifende Ziel ist dabei, dass alle Klienten mit den Ideen und Befähigungen, die sie aus der Ergotherapie mitnehmen, auch außerhalb und nach der Behandlung selbstständig Lösungen für sich finden, um den für sie wichtigen Betätigungen nachgehen zu können. Informationsmaterial zu den einzelnen Behandlungsfeldern der Ergotherapie erhalten Interessierte bei den Ergotherapeuten vor Ort; diese sind über die Therapeutensuche im Navigationspunkt „Service“ des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) auf www.dve.info zu finden.
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