Nahezu drei Viertel aller Pflegebedürftigen in Deutschland werden zuhause versorgt, so eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes. Doch wie ist das für die Angehörigen zu stemmen, wie können sie diesen Kraftakt, oft über viele Jahre hinweg, gut aushalten? „Wir Ergotherapeuten stellen sicher, dass der Alltag auf allen Ebenen gut funktioniert.“, erläutern Katja Schneider und Falko Rein, weshalb die Ergotherapie eine so wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt. Die beiden Ergotherapeuten, die dem DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) angehören, unterstützen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen mehrmals wöchentlich zuhause.
Es ist ein Glück, wenn pflegebedürftige Menschen Helfer haben, die ermöglichen, dass sie so lange es geht, in den eigenen vier Wänden leben können. Meist sind es Angehörige, die das auf sich nehmen. Dabei unterschätzen allerdings viele, wie belastend sich jeder einzelne Tag gestalten kann. „Wenn wir merken, dass jemand überfordert ist, erinnern wir denjenigen daran, dass er unbedingt die dafür vorgesehenen Versorgungsmöglichkeiten nutzen und sich eine Auszeit nehmen soll soll. Das können regelmäßig einige Stunden sein, zwei, drei Wochen Urlaub oder sogar eine Reha-Maßnahme.“, erklärt der Ergotherapeut Falko Rein. „Denn“ so ergänzt seine Kollegin „es ist per se eine unglaublich tolle Leistung, jemanden zu pflegen. Diejenigen, die das tun, geben von sich aus freiwillig einen Teil ihrer Lebensqualität auf.“ Es darf also niemand ein schlechtes Gewissen haben, wenn er nicht rund um die Uhr zur Verfügung steht.
Ergotherapie fördert und erhält die Selbstständigkeit
Schließlich hängt die Qualität der häuslichen Pflege auch davon ab, wie gut der Angehörige, der sich kümmert, informiert ist und wie es ihm selbst geht. Daher sollten sich die Angehörigen von Anfang an professionelle Unterstützung holen. Ergotherapie spielt dabei eine zentrale Rolle. War der zu Pflegende beispielsweise in einer Rehaklinik, ist Ergotherapie direkt danach von großer Bedeutung: Die pflegenden Angehörigen sind oft unsicher; sie können nicht wissen, wie sie dem Pflegebedürftigen aus dem Bett, dem Stuhl oder dem Rollstuhl helfen, ihn richtig umsetzen, ohne dabei die eigene (Rücken)Gesundheit zu gefährden. Oder wie geschickt mit den Hilfsmitteln umzugehen ist, die nötig sind, um den Alltag leichter zu bewältigen. Dank dafür ausgebildeter Ergotherapeuten lernen die Helfer vom ersten Tag an, wie sie bestmöglich sowohl körperlich als auch emotional mit den vor ihnen liegenden Herausforderungen umgehen können. Das oberste Ziel der Ergotherapie ist nämlich, mit den erkrankten, dementen oder alten Menschen ständig zu trainieren, sie immer wieder neu in die Lage zu versetzen, möglichst eigenständig zu sein und zu bleiben. „Es ist völlig falsch verstandene Zuneigung und Aufopferung, wenn die Angehörigen so viel wie möglich übernehmen. Es ist sogar ausgesprochen wichtig, dass die pflegebedürftigen Personen im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv bleiben. Und einen Lebensinhalt haben, indem sie selbst etwas tun, Aufgaben haben und sich an den täglichen Dingen beteiligen.“, bestätigt Katja Schneider dieses ergotherapeutische Grundprinzip, das sich positiv auf die körperlichen wie kognitiven Fähigkeiten der Pflegebedürftigen auswirkt. Und darüber hinaus einen wunderbaren, erwünschten Nebeneffekt hat: die Entlastung der Angehörigen.
Ergotherapeuten analysieren Fähigkeiten und Prozesse
Dazu führen Ergotherapeuten anfangs eine Befunderhebung durch, um daraus die Therapieziele abzuleiten. Im Laufe der Zeit nehmen sie immer wieder weitere Analysen vor. Mithilfe sogenannter Assessments – das sind vielschichtige, sehr detaillierte Fragen – finden sie heraus, was der zu Pflegende zu diesem Zeitpunkt noch kann, über welche körperlichen und geistigen Ressourcen und Fähigkeiten er verfügt. So zerlegen sie den Tagesablauf und finden Anknüpfungspunkte, um sinn- und inhaltsvolle Tätigkeiten zu finden, die diese nach entsprechendem Training durch Ergotherapeuten gut alleine oder mit Unterstützung ausführen können. All diese Schritte erfolgen in enger gemeinsamer Absprache mit den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen.
Ergotherapeuten finden einfach einfache Lösungen
Für Außenstehende hört es sich oft wenig spektakulär an, wenn Falko Rein von den Erfolgen erzählt, die er mit seinen Patienten erzielt. Zum Beispiel von dem älteren Herrn, der trotz der Gangschwierigkeiten durch einen Schlaganfall täglich alleine frische Brötchen vom Bäcker holen wollte. Der Ergotherapeut hat mit dem Patienten zusammen den Weg mit den wenigsten Unebenheiten ausfindig gemacht, geprüft, wo niedrige Bordsteinkanten sind und hat den Patienten mehrfach auf diesem Weg begleitet. So lange, bis dieser alleine, ohne Angst, mit seiner Gehhilfe sicher hin- und zurückgehen konnte. Ebenso einfach sind die Lösungen für diejenigen, die in den eigenen vier Wänden bleiben und zum Beispiel den Haushalt weiter führen wollen – und das trotz altersbedingter Probleme oder sogar mit beginnender Demenz. Ergotherapeuten veranlassen in diesem Fall unter anderem das Installieren von Rauchmeldern, um sicheres Kochen und Bügeln zu ermöglichen. Sie befreien die Wohnungen von Stolperfallen, machen summa summarum alles sicherer, so dass auch die Angehörigen nicht pausenlos auf sie schauen müssen. Das Glücksgefühl und die zurückerworbene Freiheit, die diese Menschen dank der ergotherapeutischen Hilfe verspüren, lässt sich erahnen. Und das ist das Ziel der Ergotherapie: Die betroffenen Menschen sollen es leicht haben, ihren Alltag sicher bewältigen und sich an ihrer Eigenständigkeit erfreuen. Das gilt für die Betroffenen ebenso wie für die pflegenden Angehörigen.
Informationsmaterial zur Ergotherapie erhalten Interessierte bei den Ergotherapeuten vor Ort; diese sind über die Therapeutensuche im Navigationspunkt „Service“ des DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.) auf www.dve.info zu finden. Zur Kampagne der Ergotherapie geht es hier entlang: www.volle-kraft-im-leben.de
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